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Preisfrage: TOBI oder BRAMITOB?

Warum wird mögliche Einsparung nicht genutzt?

Logo BramitopDie Inhalation mit Tobramycin gehört für viele CF-Patienten zur täglichen Therapie, denn sie verbessert nachweislich die Lungenfunktion bei chronischer Pseudomonas- Besiedelung. Die Inhalation ist für den Pari LC-Plus-Vernebler zugelassen, der die Flüssigkeit nicht komplett vernebeln kann – die Restmenge von ca. 1 ml wird weggeschüttet! Das wäre nicht nötig, wenn die Pharmahersteller eine entsprechend kleinere Menge abfüllen und eine Zulassung für den eFlow ohne Restmenge beantragen würden. Aber solange die Krankenkassen zahlen, lassen sich die Pharmafirmen den Gewinn nicht entgehen, und Pari darf die Inhalette ohne Restmenge (Altera®) auf ihren Druck hin nur mit dem Medikament Cayston® ausliefern.

Wir reden hier nicht von Peanuts: Angenommen, 1.000 CF-Patienten inhalieren wie verschrieben morgens und abends Tobramycin mit jeweils einem Monat Pause, dann wird jedes Jahr Tobramycinlösung im Wert von – halten Sie sich fest – ca. 3,6 Mio. Euro weggeschüttet (1.000 P. x 1 ml/5 ml x 3.000 Euro/Monat x 6 Monate).

Dieser „Tobi-Waste“-Skandal wird seit Jahren verdrängt. Kleine Einschränkung: Nicht alle von uns inhalieren so viel wie vom Arzt verschrieben – es gibt Hinweise, dass wir uns im Schnitt mit der halben Menge „zufrieden geben“. Andererseits gibt es 8.000 Patienten ...

Immerhin können Sie jetzt dazu beitragen, dass Ihre Krankenkasse ein wenig spart: Das inhalative Tobramycin wird in Europa inzwischen von zwei Firmen angeboten: Als BRAMITOB® von der Firma Chiesi und als TOBI® von Novartis. Beide Produkte enthalten 300 mg Tobramycin und wurden in einer multizentrischen offenen und kontrollierten Studie (1,2) miteinander verglichen:

Ergebnisse der Vergleichsstudie

324 Patienten (³ ≥ 6 Jahre) inhalierten einen Monat lang entweder BRAMITOB® oder TOBI® („ON-Treatment-Period“), gefolgt von einem Monat Pause („OFF-Treatment Period“):

Studienergebnis Bramitob Tobi

Die Abbildung zeigt deutlich, dass die Behandlung wirksam ist (der FEV1 steigt jeweils in der ON-Phase an), und zwar für beide Medikamente völlig vergleichbar. Es zeigten sich auch keine signifikanten Unterschiede bei der Reduktion von P.a- Keimen im Sputum, oder beim Anteil der Patienten, bei denen der Keim entfernt werden konnte (Eradikationsrate). BRAMITOB® war auch mindestens so gut verträglich wie TOBI®.

Im direkten Vergleich hat BRAMITOB® allerdings einige Vorteile:

  • Die Inhalationszeit ist kürzer, weil die 300 mg Tobramycin in 4 ml Wasser aufgelöst sind, während TOBI® in 5 ml aufgelöst ist.
  • Nach Lieferung der Apotheke (Ende der Kühlkette) ist es noch drei Monate bei Raumtemperatur haltbar (TOBI®: ein Monat), der Patient ist also flexibler mit der Bevorratung.
  • BRAMITOB® kostet pro Monat knapp 600 Euro(!) weniger als TOBI® (Apothekenverkaufspreis von 2.772,08 Euro für BRAMITOB® statt 3.370,77 Euro für TOBI®).

Vermutlich wegen dieser Vorteile nennen die klinischen Leitlinien der Londoner CFAmbulanz (Royal Brompton & Harefield Hospital) BRAMITOB® als Tobramycin der ersten Wahl.

Reden wir über Geld

Hat eine einzelne Ambulanz z.B. 50 Patienten, die Tobramycin inhalieren, ergibt sich allein für diese Patienten ein jährliches Einsparpotenzial für die Krankenkasse von 50 x 6 x 600 Euro = 180.000 Euro entsprechend den Kosten für ca. zwei Arztstellen! Warum ich das so ausführlich schreibe, obwohl ich nicht von Chiesi bezahlt werde? Nun, weil manche Ambulanzen ausschließlich TOBI® verschreiben.

Ich hab mich mal umgehört, was gegen BRAMITOB® vorgebracht wird: Dass die Vergleichsstudie überwiegend in Osteuropa stattgefunden hat? Das ändert meines Erachtens nichts an den wissenschaftlichen Ergebnissen. Und dass bei BRAMITOB® insgesamt 5% weniger Wirkstoff in der Lunge ankommt (weil mit der Restmenge von 1 ml bei einer Gesamtmenge von 4 ml 25 % weggeschüttet wird, bei TOBI® mit 5 ml Gesamtmenge aber „nur“ 20 %), spricht doch eher für BRAMITOB®, wenn mit weniger Wirkstoff die gleiche Wirkung erzielt wird.

Womöglich kennt Ihr Arzt noch einen Vorteil von TOBI®, den ich nicht kenne. Aber sollte man den Lesern von muko.info nicht raten, BRAMITOB® auszuprobieren und damit für den nächsten Streit mit der Krankenkasse wegen der Erstattung einer Reha oder eines Hilfsmittels ein gutes Argument zu haben? Immerhin erspart der Patient seiner Krankenkasse mit BRAMITOB® Ausgaben in Höhe von 3.600 Euro pro Jahr.

Stephan Kruip

Dieser Artikel erschien im Mitgliedermagazin muko.info des Mukoviszidose e.V. Ausgabe 1/2012. Sechs Jahre später, im August 2018 kostet Bramitob 2.484,72€ und TOBI 3.417,67€, die Differenz ist damit auf 932,95€ pro Monat sogar noch gestiegen (5.600€ pro Jahr, bei 50 Patienten also 280.000€ in einer Ambulanz).

Quellen:

(1) Mazurek, H. et al., 2011, Poster auf der 34. ECFS-Konferenz, Hamburg

(2) "Efficacy And Safety Of Two Inhaled Tobramycin Solutions In Patients With Cystic Fibrosis And Chronic Pseudomonas Aeruginosa Infection: Results From A Head To Head Comparison": Cicirello et al., Am J Respir Crit care Med 2011; 183: A6121

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Foto: Ethikrat Stephan Kruip am RednerpultStephan wurde 2016 in den 26-köpfigen Deutschen Ethikrat berufen (hier sein kurzes Vorstellungsvideo). 2018 hielt er Vorträge über Ethische Probleme von Menschen mit seltenen Erkrankungen und über Menschenwürde und Keimbahntherapie. Zum Weiterlesen: Infobrief des Deutschen Ethikrats. Seit der Wiederberufung 2020 beschäftigen wir uns vor allem mit der Corona-Pandemie, z.B. die Impf-Reihenfolge und besondere Regeln für Geimpfte? 


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