Zukunftsmusik: Mukoviszidose im Embryo reparieren?

Neue Werkzeuge brauchen neue weltweite Regeln

GenschereDie rasante Entwicklung der Molekularbiologie hat Genscheren wie Crispr-Cas9 hervorgebracht, mit denen auch die Gene der menschlichen Keimbahn - z.B. in Samenzellen, Eizellen oder Embryonen - verändert werden können. Aber darf der Mensch sich selbst verändern?

Dieses „Genome-Editing“ gilt beim Menschen bisher als Tabu, und noch sind die Werkzeuge auch zu unpräzise, um die Risiken unerwünschter, schädlicher und unkalkulierbarer Effekte ausschließen zu können. Doch die Ende 2018 erschienenen Berichte über die Geburt von als Embryonen genetisch veränderter Zwillingsschwestern in China (1) machen deutlich, dass das Thema diskutiert werden muss, auch wenn die Einführung in die medizinische Praxis noch in fernerer Zukunft liegen sollte.

Was darf der Mensch, und was sollte er tun?

Dabei stellt sich die Frage, ob die bisherige kategorische Ablehnung von Keimbahninterventionen aufrechterhalten werden kann oder doch zumindest einer neuen ethischen Beurteilung unterzogen werden muss. Denn mit Hilfe von Keimbahninterventionen könnten sich Ziele erreichen lassen, die möglicherweise nicht nur moralisch erlaubt, sondern sogar geboten sein könnten.

In diesem Zusammenhang wird als Beispiel immer wieder auf die Vermeidung genetisch bedingter Erkrankungen wie Mukoviszidose hingewiesen. Und die ethische Beurteilung ist kompliziert, weil sie sich auf zukünftige Menschen bezieht, die sich zum Zeitpunkt des Eingriffs selbst nicht äußern können.

Übersicht: Argumente dafür und dagegen

In seiner neuesten Stellungnahme „Eingriffe in die menschliche Keimbahn“ diskutiert der Deutsche Ethikrat die ethischen Orientierungsmaßstäbe und die sich daraus ergebenden Konsequenzen mit Blick auf diverse Anwendungen, u.a. auch zum Thema Mukoviszidose. Manches bleibt dabei innerhalb des Deutschen Ethikrates auch nach unzähligen Diskussionsrunden strittig. Für die politische Diskussion werden aber am Ende Entscheidungspfade aufgezeigt, die die jeweiligen Argumentationslinien abbilden und nachvollziehbar machen.

Der Deutsche Ethikrat fordert vor allem eine breite gesellschaftliche Diskussion dieser Eingriffe, und zwar auch in der „Weltgesellschaft“, etwa im Rahmen einer internationalen Konferenz mit dem Ziel einer völkerrechtlichen Konvention. Schauen Sie mal rein: www.ethikrat.org/publikationen

Foto Stephan beim EthikratIm Juni 2018 fand die Jahrestagung des Deutschen Ethikrats unter dem Titel "Des Menschen Würde in unserer Hand – Herausforderungen durch neue Technologien" (Programm) statt. Ich durfte die "Herausforderungen der Menschwürde durch Eingriffe in das Genom" (diese PDF enthält meine Folien und die Text-Mitschrift) aus Patientenperspektive kommentieren.

Stephan Kruip,

Mitglied des Deutschen Ethikrats

(1) Li, J. R. et al. (2019): Experiments that led to the first gene-edited babies. The ethical failings and the urgent need for better governance. In: Journal of Zhejiang University, 20 (1), 32-38.