Ivacaftor (VX-770, Handelsname Kalydeco®) ist ein CFTR-Verstärker ("Potentiator"), der den Chloridtransport durch den CFTR-Kanal ermöglicht. Ivacaftor wird von Vertex Pharmaceuticals hergestellt und wurde in den USA und Europa im Jahr 2012 als Filmtablette zugelassen, die zweimal täglich eingenommen wird. Das Unternehmen hat viel Risiko-Kapital in die Entwicklung des Medikaments gesteckt, und für eine kleine Gruppe von Patienten ergeben sich berechtigte Hoffnungen auf einen besseren Gesundheitszustand. Doch die hohen Kosten werfen viele Fragen auf.
Die Zulassung gilt zunächst nur für CF-Patienten mit G551D-Mutation. In Deutschland tragen knapp 200 CF-Patienten (ca. 2,5%) diese Mutation, bei der das CFTR-Protein an der Zelloberfläche zwar vorhanden ist, aber nicht richtig funktioniert. In den doppelblinden, placebokontrollierten und randomisierten Zulassungsstudien über ein knappes Jahr verbesserte Ivacaftor die Lungenfunktion (FEV1) bei G551D-Patienten um durchschnittlich 10,6 bzw. 12,5% gegenüber Placebo. Diese Wirkung war unabhängig von Alter, Geschlecht und Schweregrad der Erkrankung. Bei Patienten mit der häufigen Mutation dF508 ist Ivacaftor alleine aber nicht wirksam.
Da eine Zulassung ausgesprochen wurde, kann der Arzt jedem CF-Patienten ab 6 Jahren mit mindestens einer G551D-Mutation Ivacaftor zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Ein Anspruch des Patienten ggü. dem Arzt auf Verordnung des Präparates besteht aber nicht.
Eine Packung mit 56 Tabletten kostet in der Apotheke 25.500 €. Die Therapiekosten für ein Jahr betragen pro Patient nach Abzug des GKV-Rabatts also ca. 280.000 €. Der Preis kann sich durch Preisverhandlung gemäß §130b SGB V noch ändern. Die Entscheidung über die Verordnung muss der Arzt bei einer Tagesration für ca. 760 € jedenfalls sorgfältig abwägen.
Der Preis setzt sich aus Herstellungskosten, Vertrieb und anderen Nebenkosten sowie einem kalkulierten Betrag zusammen, der die Entwicklungskosten wieder einbringen soll und daher wesentlich von der Voraussage zur Menge der verkauften Medikamente abhängt. Eine ordentliche Rendite für die Risikokapitalgeber ist berechtigt. Da wir aber weder wissen, wie viel die Firma in die Entwicklung investiert hat, noch wie viel die Herstellung des Medikaments kostet, kann die Frage z.Zt. nicht beantwortet werden.
Vertex wurde vor über 20 Jahren in Cambridge gegründet, beschäftigt weltweit mehr als 1.900 Mitarbeiter und hat bisher ca. 3 Mrd. € in die Entwicklung neuer Medikamente investiert. Der Wert der Firma kann nach Aktienkurs auf 7 Mrd. € geschätzt werden. Im Zeitraum von 1998 bis 2016 wird die amerikanische Cystic Fibrosis Foundation CFFT die Entwicklung kausal wirksamer CF-Medikamente durch Vertex mit ca. 112 Mio € aus Spendenmitteln unterstützt haben (bitte nicht drucken: Quelle Vertex-Infoblatt http://mms.businesswire.com/bwapps/mediaserver/ViewMedia?mgid=309630&vid=1 )
Um bei Patienten mit der häufigen Mutation dF508 eine Wirkung zu erzielen, müssen zwei Wirkstoffe kombiniert werden. Interessant für Vertex ist eine Kombination von Ivacaftor mit VX-809. Im Oktober 2012 wurden allerdings die Ergebnisse einer Phase-II-Studie veröffentlicht, wonach nur ein Drittel der Patienten unter Kombinationstherapie beim FEV1 um wenigstens 5%-Punkte profitiert. Angenommen, die Kombinationstherapie würde ähnlich teuer verkauft wie Ivacaftor heute, und in Deutschland würden 5.000 Patienten behandelt, dann würde das Gesundheitssystem jährlich mit mehr als 1,5 Mrd. € zusätzlich belastet (Zum Vergleich: Die teuren Spezialpräparate machen in Deutschland nur 2,5% der verschriebenen Medikamente, aber mit ca. 8 Mrd. € schon ein Viertel des gesamten Medikamentenbudgets aus).
Stephan Kruip (2. stellvertr. Bundesvorsitzender Mukoviszidose e.V.)
Der Artikel erschien in muko.info 1/2013 (S. 40).